November-Sonett

Der Käse reift und auch der Wein,
den Grünkohl kraust der erste Frost.
Im funkelneuen Fass allein
rülpst trüb der weiße Most.

November treibt den Nebelmond
und Regen rillt die Nüsse.
Wer jetzt nicht warm im Hause wohnt,
dem bleiben kalte Füße.

Ach Freunde, all´ die Trauersprüche,
es ist kein großes Wunder,
vergesst ihr hier in Roßners Küche

bei einem Glas Burgunder.
Ihr und all´ die Norderdüfte,
bereifen mir heut' Hirn und Hüfte.

  Autor: Wolfgang Appell
 

Sonett an den Grünkohl

Ein Molekül furcht mir das Hirn,
weckt leise die Membranen.
Dreifaltig heiligt sich die Stirn,
lässt krauses Sehnen ahnen.

Durch’s Fenster bricht Novemberlicht
türkis in dunkle Winkel,
verliert sich pfirsichfarbenschlicht
im fetten Glanz der Pinkel.

Die Küche prunkt im Grünkohlduft,
empfängt, umarmt die Gäste,
und Essenslust schliert durch die Luft,

ziert dieses Mahl zum Feste.
Wer hier nur mäßig leert den Topf,
ist wahrlich ein Asketentropf.