Annabel Lee

In einem Königreich vor Jahr und Tag,
da lebte einst am Meere sie,
das Mädchen, das man kennen mag
unter dem Namen Annabel Lee.
Ihr ganzes Trachten galt allein
zu lieben mich, allein ich liebte sie.

In einem Königreich am Meer,
ein Kind noch war ich und war sie,
unendlich die Liebe, wir liebten uns sehr,
ich und meine Annabel Lee,
dass selbst der Himmel Seraphim
empfanden Neid für mich und sie.

Und das war der Grund vor Jahr und Tag,
dass eine Wolke Eiswind spie;
und im Königreich am Meer dem Frost erlag
meine so schöne Annabel Lee.
Es kam ein hochgeborner Herr daher,
trug sie hinfort von mir,
und sperrte sie in eine Gruft, so leer,
im Königreich am Meer.

Die Engel im Himmel vom Glücke gebannt,
beneideten mich und sie,
ja, das war der Grund, wie allen bekannt,
in jenem Königreich am Meer,
dass nachts die Wolke Frostwind spie,
und mordete Annabel Lee.

Doch eine Liebe, so grenzenlos,
wie die unsere, gab es nie,
nicht bei Älteren,
noch Weiseren, erblickt ich sie.
Nicht die Engel im Himmel,
noch die Dämonen im Meer,
die Seelen zu trennen, vermögen sie nie,
von mir und meiner Annabel Lee.

Nie je ein Mondstrahl dringt, der mir nicht Träume bringt
von meiner schönen Annabel Lee,
und Sternenglanz vergeht, wenn ihr die Augen seht
von der so schönen Annabel Lee.
Kommt nächtens dann die Zeit, ich lege mich zur Seit'
von meiner Liebsten, meinem Lieb und Leben, meiner Maid,
in die Stätte, der Liebe schwer,
in ihre Gruft, in einem Königreich am tosend' Meer.

   
  Nachdichtung/Adaption durch Wolfgang Appell des Gedichts "Annabel Lee" von Edgar Allan Poe (1809-1849), hier das Original
   
 

Annabel Lee

It was many and many a year ago,
In a kingdom by the sea,
That a maiden there lived whom you may know
By the name of Annabel Lee;
And this maiden she lived with no other thought
Than to love and be loved by me.

I was a child and she was a child,
In this kingdom by the sea,
But we loved with a love that was more than love—
I and my Annabel Lee—
With a love that the wingèd seraphs of Heaven
Coveted her and me.

And this was the reason that, long ago,
In this kingdom by the sea,
A wind blew out of a cloud, chilling
My beautiful Annabel Lee;
So that her highborn kinsmen came
And bore her away from me,
To shut her up in a sepulchre
In this kingdom by the sea.

The angels, not half so happy in Heaven,
Went envying her and me—
Yes!—that was the reason (as all men know,
In this kingdom by the sea)
That the wind came out of the cloud by night,
Chilling and killing my Annabel Lee.

But our love it was stronger by far than the love
Of those who were older than we—
Of many far wiser than we—
And neither the angels in Heaven above
Nor the demons down under the sea
Can ever dissever my soul from the soul
Of the beautiful Annabel Lee;

For the moon never beams, without bringing me dreams
Of the beautiful Annabel Lee;
And the stars never rise, but I feel the bright eyes
Of the beautiful Annabel Lee;
And so, all the night-tide, I lie down by the side
Of my darling—my darling—my life and my bride,
In her sepulchre there by the sea—
In her tomb by the sounding sea.