Die Glocken

Hört der Schlittenglocken Klingen -
Silberklingen!
Welche Welt von Heiterkeit ihre Melodien singen!
Wie sie klingeln, klimpern, klirren,
in der eisig klaren Nacht!
Während Sterne zwinkernd flirren,
all die Himmel lustvoll girren,
voll der Wonne, aus Kristall gemacht.
Durch Trab und Tritt, so weit und breit,
gleich einem Reim aus Runenzeit,
der Schlitten helle Lieder quellen,
Klingeling, Klingeling, Klingeling,
so die Schlittenglocken schellen.

Hört der Hochzeitsglocken Klang -
Goldner Klang!
Welche Welt von Seligkeit verheißt ihr froher Sang!
Durch den Balsamduft der Nacht
ihr Geläut hat Freud' gebracht!
Und im goldnen Schmelz der Klänge,
Ton in Ton sind sie gestimmt,
schmeichelnd klingen die Gesänge,
welch' die Turteltaub' vernimmt,
während sie den Mond besinnt.
Oh, wie aus dem Himmelszelt
flutend Wohlklang wuchtig quellt!
Wie er anschwellt!
Wie von der Zukunft er erzählt,
dem Entzücken anvermählt,
welches her vom Läuten dringt,
Klingklang, Klingklang, Klingklang,
wenn eine Hochzeitsglocke schwingt.

Hört der Feuerglocken Klang!
Bronznen Klang!
Welche Panik kündet heut' stürmend ihr Gesang!
In das wache Ohr der Nacht
branden Ängste, ungeschlacht!
Kein Rufen ist, vor Schreck allein
können sie nur schrein, nur schrein,
ohne Takt!
Flehen lärmend um Erbarmen an das Feuer,
zanken tobend mit dem tauben rasend Feuer,
das springt hoch und höher, ungeheuer,
mit verwegenem Verlangen,
einem kühnen Unterfangen,
sucht es, jetzt oder nie,
den bleichen Mond zu fangen.
Oh der Klang, Klang, Klang,
verzweifelt ist und bang!
Wie sie dröhnen, brüllen, prallen,
welchen Schrecken dumpf sie schallen
auf die pochend Brust der Luft.
Dennoch das Ohr daran erkennt,
durch das Schallen,
und das Hallen,
wie das Feuer glost und brennt.
Dennoch nimmt das Ohr es war,
durch das Lärmen,
und das Härmen,
sinkt und flutet die Gefahr,
durch das Ebben oder Schwellen in dem wütendem Gesang,
in dem Klang,
in dem Klang, Klang, Klang, -
durch das Toben und das Tosen in dem Klang.

Hört der Totenglocken Klang!
Eisenklang!
In der Grabesruh' der Nacht,
wie er schaudernd Furcht entfacht
mit dem düster drohend Sang!
Mit den Schlägen, bebend bang,
die aus rost'ger Kehle dröhnen,
ist ein Stöhnen.
Und die Wesen – ach, Dämonen,
sie, welche im Kirchturm wohnen,
ganz allein,
und die klagen, klagen, klagen,
monoton scheinbare Pein,
doch ihr Klagen zeigt Behagen,
beschwert des Menschen Herz mit Stein.
Weder Mann sind sie noch Frau,
weder sanft sind sie noch rau,
sie sind Ghule:
Und ihr Nachtkönig, er läutet,
und sein Brausen, Dröhnen, Locken,
ist ein Lobgesang der Glocken!
Und sein Busen schwillt im Drang
zur Glorie aus Glockenklang!
Und er tanzt, und er schreit,
haltet Schritt, Schritt, Schritt,
mit der Runenreime Tritt,
mit dem Lobgesang der Glocken -
von den Glocken:
Haltet Schritt, Schritt, Schritt,
mit der Runenreime Tritt,
mit dem schlagend Glockenklang,
Klang, Klang, Klang,
mit dem klagend Glockensang,
haltet Schritt, Schritt, Schritt,
zu Grabe läutet jeder Klang, Klang, Klang,
glückselig in der Runenreime Tritt,
mit dem dröhnend Glockenklang,
Klang, Klang, Klang,
mit dem stöhnend Glockensang,
Klang, Klang, Klang,
mit dem Trauern und dem Schauern in dem Klang.

   
  Nachdichtung/Adaption durch Wolfgang Appell des Gedichts "Teh Bells" von Edgar Allan Poe (1809-1849), hier das Original
   
 

The Bells


Hear the sledges with the bells—
Silver bells!
What a world of merriment their melody foretells!
How they tinkle, tinkle, tinkle,
In the icy air of night!
While the stars that oversprinkle
All the heavens, seem to twinkle
With a crystalline delight;
Keeping time, time, time,
In a sort of Runic rhyme,
To the tintinabulation that so musically wells
From the bells, bells, bells, bells,
Bells, bells, bells—
From the jingling and the tinkling of the bells.

Hear the mellow wedding bells,
Golden bells!
What a world of happiness their harmony foretells!
Through the balmy air of night
How they ring out their delight!
From the molten-golden notes,
And all in tune,
What a liquid ditty floats
To the turtle-dove that listens, while she gloats
On the moon!
Oh, from out the sounding cells,
What a gush of euphony voluminously wells!
How it swells!
How it dwells
On the Future! how it tells
Of the rapture that impels
To the swinging and the ringing
Of the bells, bells, bells,
Of the bells, bells, bells, bells,
Bells, bells, bells—
To the rhyming and the chiming of the bells!

Hear the loud alarum bells—
Brazen bells!
What tale of terror, now, their turbulency tells!
In the startled ear of night
How they scream out their affright!
Too much horrified to speak,
They can only shriek, shriek,
Out of tune,
In a clamorous appealing to the mercy of the fire,
In a mad expostulation with the deaf and frantic fire,
Leaping higher, higher, higher,
With a desperate desire,
And a resolute endeavor
Now—now to sit or never,
By the side of the pale-faced moon.
Oh, the bells, bells, bells!
What a tale their terror tells
Of Despair!
How they clang, and clash, and roar!
What a horror they outpour
On the bosom of the palpitating air!
Yet the ear it fully knows,
By the twanging,
And the clanging,
How the danger ebbs and flows;
Yet the ear distinctly tells,
In the jangling,
And the wrangling.
How the danger sinks and swells,
By the sinking or the swelling in the anger of the bells—
Of the bells—
Of the bells, bells, bells, bells,
Bells, bells, bells—
In the clamor and the clangor of the bells!

Hear the tolling of the bells—
Iron bells!
What a world of solemn thought their monody compels!
In the silence of the night,
How we shiver with affright
At the melancholy menace of their tone!
For every sound that floats
From the rust within their throats
Is a groan.
And the people—ah, the people—
They that dwell up in the steeple,
All alone,
And who tolling, tolling, tolling,
In that muffled monotone,
Feel a glory in so rolling
On the human heart a stone—
They are neither man nor woman—
They are neither brute nor human—
They are Ghouls:
And their king it is who tolls;
And he rolls, rolls, rolls,
Rolls
A pæan from the bells!
And his merry bosom swells
With the pæan of the bells!
And he dances, and he yells;
Keeping time, time, time,
In a sort of Runic rhyme,
To the pæan of the bells—
Of the bells:
Keeping time, time, time,
In a sort of Runic rhyme,
To the throbbing of the bells—
Of the bells, bells, bells—
To the sobbing of the bells;
Keeping time, time, time,
As he knells, knells, knells,
In a happy Runic rhyme,
To the rolling of the bells—
Of the bells, bells, bells—
To the tolling of the bells,
Of the bells, bells, bells, bells—
Bells, bells, bells—
To the moaning and the groaning of the bells.